3. September 2024 | BAG RelEx

Offener Brief an das Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Kurzvideo „Die Salafismus Falle“, welches auf dem Account des Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration auf der Plattform X geteilt und inzwischen gelöscht wurde, hat uns als Dachorganisation der zivilgesellschaftlichen Träger des Bereichs Demokratieförderung, Prävention und Distanzierungsarbeit stark irritiert. Das Video ist in der Form stigmatisierend und diskriminierend. Auch in den in den sozialen Medien hat das Video große Empörung und Unverständnis ausgelöst. Das Video wurde vor der Löschung mehrfach geteilt, sodass die Verbreitung nicht mehr gestoppt werden kann

Als Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx) vertreten wir fast 40 zivilgesellschaftliche Organisationen aus der Demokratieförderung, Präventions- und Distanzierungsarbeit im Bereich religiös begründeter Extremismus. Auf Basis unserer fachlichen Expertise können wir vor dieser Art pauschalisierender und vereinfachender Darstellungen von Radikalisierungsprozessen nur warnen. Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene werden solche Formen der Kommunikation berechtigterweise als Stigmatisierung ihrer Religion wahrnehmen. Diese Art der Stigmatisierung und Pauschalisierung kann zu einer Abschottung von der Gesellschaft führen.

In dem Kurzvideo werden religiöse Symbole wie das Kopftuch, der Nikab, als Zeichen für einen Radikalisierungsprozess gezeigt. Ein Mann mit Bart wird als böser Muslim stilisiert. Die junge Frau, welche in den Mund des Mannes fällt, wird als hilfloses Opfer dargestellt, was neben der religiösen Stigmatisierung auch eine sexistische Komponente bezüglich muslimischer Frauen enthält.
Von unseren Mitgliedsorganisationen bekommen wir regelmäßig zurückgemeldet, dass gerade Jugendliche sich durch diese Art der Kommunikation diskriminiert und ausgegrenzt fühlen. Ihre Religion wird quasi dämonisiert, was bei den Jugendlichen zu einer verstärkten Protesthaltung gegenüber der Gesellschaft führen kann.

Diese Erfahrungen aus der Praxis unserer Mitgliedsorganisationen werden durch die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Studie des Forschungsinstituts für Gesellschaftlichen Zusammenhalt bestätigt, in der stigmatisierende Effekte in der Islamismusprävention erforscht werden. Erste Ergebnisse problematisieren terminologische Assoziationen des Islamismus mit der Religion des Islam und die Definition der Risikogruppe über die Religionszugehörigkeit. In unserer Fachzeitschrift Ligante#6 können Sie im Artikel von Dr. Hande Abay Gaspar die weiteren Forschungsergebnisse ausführlich nachlesen.

In der Öffentlichkeitsarbeit zu Demokratieförderung, Prävention und Deradikalisierung braucht es ein Umdenken, damit keine negativen Auswirkungen durch Stigmatisierung oder Diskriminierung der Zielgruppen entstehen. Für weitere Beratung und Erörterung der Thematik stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Jamuna Oehlmann & Rüdiger José Hamm
Geschäftsführung der BAG RelEx

Berlin, 09. September 2024

 

Hier können Sie den offenen Brief (PDF) herunterladen.

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